Katholischer Glaube in Südafrika
Ein Lagebericht aus der Provinz Limpopo
von André Stephan
Waren Sie schon einmal in Thohoyandou? Könnten Sie in etwa sagen, wo es sich auf einer Karte von Südafrika befindet? Thohoyandou bedeutet so viel wie „der Kopf des Elefanten“ und ist eine große, ständig wachsende Stadt im äußersten Norden der Provinz Limpopo, die an Simbabwe und Mosambik grenzt. Sie wurde während der Zeit der Apartheid als Hauptstadt der damals anerkannten Republik Venda errichtet und hat inzwischen beinahe 70.000 Einwohner. Die Straßen sind immer voller Leben. Um die Mittagszeit strömen Studenten der Universität, Kinder und Jugendliche aus den verschiedenen Schulen ins Herz der Stadt. Über eine vierspurige Straße finden den ganzen Tag und bis tief in die Nacht Autos ihren Weg in die Stadt. Auch die Berge, die im Norden eine Höhe von über 1.000 Metern erreichen und der Krüger-Nationalpark sind nicht weit entfernt. Mitten in dieser wunderschönen Landschaft liegt das Zentrum der Roman Catholic Mission.
Die katholische Kirche, die ihre Pforten in den 1960er Jahren in Makwarela, einer Stadt in der Nähe von Sibasa und Thohoyandou, öffnete, ist – im Vergleich zu den zahllosen evangelischen und Pfingstkirchen – noch immer eine kleine Gemeinschaft. Trotz all der Kirchengemeinden hat der Glaube an die Zauberei noch immer sehr viel Macht, ist immer noch selbstverständlicher Teil des Lebens der Menschen hier in dieser Provinz. Ob die christlichen Werte die Kultur der Venda durchsetzen, bleibt fraglich. Südafrika ist ein reiches Land, aber was bedeutet das für die Lebenswirklichkeit der Menschen hier? Noch immer spielen Verbrechen, Korruption und die Versuchung, die von Drogen und Sex ausgeht, eine große Rolle in diesem Land. Die Jugendarbeitslosigkeit ist hoch. Statistiken gehen davon aus, dass 24% der Frauen, die an der Universität studieren, HIV positiv sind. Sind die moralischen Grundsätze einer Gesellschaft außer Kraft gesetzt, wenn harte Drogen, Alkohol und Sex das Leben der Jugend und sogar mancher Kinder bestimmen? Ist Südafrika doch ein armes Land?
In der Vergangenheit haben Schulen die Lehren der Bibel und der Moral verbreitet. Heute muss man lang nach Schulen suchen, die ihren SchülerInnen diese Bildung zuteilwerden lassen. Angesichts dieser Tatsache muss man sich fragen: Kann so überhaupt eine Veränderung der Gesellschaft stattfinden? Und: Können Menschen, die sich tagtäglich so vielen Übeln stellen müssen, überhaupt glücklich sein? Für uns Priester ist es Ziel, Bestreben und Leidenschaft, den Menschen Wandel, Frieden, Gerechtigkeit und Liebe zukommen zu lassen; sie eine andere Welt, die Präsenz und Aktivität von Jesus in ihrem Leben erkennen zu lassen. Südafrika hat den Ruf eines gewalttätigen Landes. Überall im Land erleben die Menschen Gewalt, werden immer wieder gewalttätige Situationen ausgesetzt. Oftmals erscheint Gewalt als einziger Weg der Problemlösung.
Vielleicht haben Sie im Fernsehen einen Bericht darüber gesehen, was im August 2012 in den Platin-Mienen von Marikana geschehen ist. Der Streik der Mienenarbeiter für mehr Lohn endete in einer blutigen Auseinandersetzung mit der Polizei. 34 Menschen kamen ums Leben. All diese Gewalt füllt die Herzen vieler Menschen mit großem Schmerz und Elend. Was können wir tun, um den Menschen Frieden zu bringen, falls möglich zu schlichten und ihnen Mut zu machen für den Kampf gegen all das Böse, das unsere Gesellschaft plagt?
Wir versuchen uns an kleinen Projekten. Der Gemeindepfarrer, ein junger Kollege aus dem Senegal, veranstaltete im Juli zum zweiten Mal ein viertägiges Ferienlager für Kinder. Er war so glücklich, die Freude der Kinder über das Zusammenkommen und das Engagement der jungen Betreuer zu sehen, die sich mit vollem Einsatz um die Kinder kümmerten. Er erzählte mir: „Man konnte die Verwandlung der Betreuung regelrecht beobachten.“ Insgesamt nahmen 130 Kinder teil. Als die Kinder ihren Gemeinden nach dem Sonntagsgottesdienst von ihren Erlebnissen berichteten, waren ihre Eltern begeistert. Ich habe Gruppen ins Leben gerufen, in denen wir das Evangelium weitergeben, aber es ist schwer die Menschen zusammenzubringen. Viele sind auf der Suche nach Arbeit und diejenigen, die einer Arbeit nachgehen, kommen oft erst spät nach Hause. Trotzdem versuchen wir auf unterschiedliche Art und Weise das Wort Gottes in ihre Leben zu bringen.
Für die Menschen präsent zu sein, ist eine Aufgabe, die Demut erfordert – es ist manchmal ein mühsames Einbringen von Samen in den Boden. Doch gerade nach dem Tod des früheren Präsidenten Mandela, müssen wir uns fragen: „Was haben wir aus seinem Erbe des Friedens und der Versöhnung gemacht? Ist dieses Erbe in den Herzen der Menschen Südafrikas noch immer am Leben?
Das Bild, das ich bislang gezeichnet habe, erscheint düster. Aber es gibt auch hier Menschen mit einem starken Glauben, Liebe für die Armen, die Bedürftigen und Weisen. Es gibt junge Menschen, die das große Verlangen haben, Gott zu dienen. Auch wenn es nicht viele sind, hat die katholische Kirche hier doch einen Samen in den Erdboden gepflanzt. Lasse Gott ihn wachsen und Früchte tragen.
Suchende
Zuschauer
Bilder: Father André Stephan
Benedict Daswa
Ermorderter Südafrikaner vor der Seligsprechung
von Maike Molling
In seiner Heimat Südafrika wird Benedict Daswa schon seit seiner brutalen Ermordung im Jahr 1990 als Märtyrer verehrt. Nun stehen die Chancen gut, dass er als erster Südafrikaner von der katholischen Kirche seliggesprochen wird.
Als Tshimangadzo Samuel Daswa erblickte im Juli 1946 im nördlichen Südafrika ein Mann die Welt, der für die katholische Kirche in seiner Heimat eine ganz besondere Rolle spielen sollte. Mit dem jüdischen Glauben seiner Eltern aus dem Stamm der Lemba aufgewachsen, entschied sich Daswa im Alter von 17 Jahren nach dem Tod seines Vaters zum katholischen Glauben überzutreten.
Unter seinem Taufnamen Benedict unterstellte er sein Leben und Handeln von da an den christlichen Grundsätzen der Nächstenliebe, des Respekts und der Großzügigkeit. Zeitzeugen berichten von ihm als liebevollen Ehemann und Vater, gerechten Schulleiter, sozial engagierten Stadtrat und vorbildliches Mitglied seiner Kirchengemeinde. Weil er keine Angst hatte, öffentlich Haltung gegen kulturelle Werte zu beziehen, die mit dem Christentum in Konflikt standen, machte er sich besonders bei den Anhängern des traditionellen Glaubens an die Kraft der Zauberei unbeliebt.
Seine Weigerung nach einer unnatürlichen Häufung von Blitzeinschlägen, einen „Geisteraustreiber“ zu engagieren, besiegelte schließlich sein Schicksal. In der Nacht des zweiten Februars 1990 wurde er auf dem Heimweg von einem aufgewiegelten Mob mit Steinen beworfen und schließlich mit einem Schlagstock zu Tode geprügelt. Die Anteilnahme am Tod Daswas war enorm. Am Tag seiner Beerdigung begleitete eine große Menschenmenge seinen Sarg auf den Friedhof. Noch heute richtet die katholische Gemeinde an Daswas Todestag eine Gedenkfeier aus, um sein Sterben als mutiges Eintreten für den christlichen Glauben zu würdigen.
Auch wenn der „Fall Daswa“ im Nachgang polizeilich untersucht wurde und es einige Verhaftungen gab, wurde das Gerichtsverfahren aus Mangel an Beweisen eingestellt.
Diese Untersuchungen bilden nun zusammen mit Daswas eigenen Schriften und Zeitzeugenberichten das Gerüst für einen umfassenden Bericht, der 2009 mit der Absicht der Seligsprechung Daswas dem Vatikan vorgelegt wurde. Wie lang das Prüfungsverfahren andauert, ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Die Mitglieder der Diözese, in der sich Daswa Zeit seines Lebens engagierte, sind jedoch zuversichtlich, was eine Entscheidung noch im Jahr 2014 betriff. Das Ziel der angestrebten Seligsprechung sei es, so Bischof Joao Rodrigues, Daswas außergewöhnliche Frömmigkeit und seinen Tod als Zeugnis seines starken Glaubens zu würdigen.
Benedict Daswa +1990 (Bild AP)
Mother of Benedict Daswa (Bild André Stephan)
Planung Wallfahrtskirche Benedict Daswa (CfD)
Gemeindezentrum Rathildili Fertigstellung Sommer 2003